Wir wollten an Ostern etwas eigentümliches, besonderes, einfach etwas anderes sehen, das wir bisher nicht kannten. Also recherchierten wir im Internet und stießen auf die Karwoche in Loja, in der Provinz Granada. Die Infos, die wir im Netz fanden,  machten uns sehr neugierig, was wir aber dann vor Ort erlebten, ließ uns mit offenem Munde dastehen.

Wir lernten viele spezifische Fachbegriffe, die speziell für die Karwoche in Loja verwendet werden, kennen. Wir werden Euch diese Begriffe nennen und versuche, sie in die deutsche Sprache zu übersetzen.

Die Karwoche in Loja wurde im Jahr 2004 aufgrund der einzigartigen Rituale zum Fest von touristischem Interesse erklärt. Die Feierlichkeiten sind über 500 Jahre alt. Es sind insgesamt 11 Bruderschaften eingetragen, die die Bußprozessionen veranstalten und die 19 „pasos“ durch die Stadt tragen.

  • Freitag vor Palmsonntag („Viernes de Dolores“):

-Die Bruderschaft:  „Hermandad de la Santísima Virgen de los Dolores“

  • Palmsonntag:

-Die Bruderschaft „Hermandad de Nuestro Padre Jesús en su Entrada Triunfal en Jerúsalem, Ecce Homo y María Santísima de la Luz“.

  • Dienstag:

-Die Bruderschaft: „Hermandad de Nuestro Padre Jesús Orando y Nuestra Señora de la Esperanza“.

  • Mittwoch:

– Die Bruderschaft: „Real Cofradía de Nuestro Padre Jesús de la Tres Caídas“.

  • Gründonnerstag:

– Die Bruderschaft: „Real Cofradía de la Santa Vera Cruz, Jesús Preso y Nuestra Señora de los Dolores“.

– Die Bruderschaft „Cofradía del Santísimo Cristo de los Favores “El Silencio”“.

  • Karfreitag:

– Die Bruderschaft: „Hermandad de Santa Marcela “La Verónica”“.

– Die Bruderschaft: „Venerable Hermandad de Nuestro Padre Jesús Nazareno y San Juan Evangelista“.

– Die Bruderschaft: „Hermandad de la Santa Vera Cruz y Nuestra Señora de las Angustias“.

– Die Bruderschaft: „Hermandad del Santísimo Cristo de la Salud y San Juan de la Palma“.

– Die Bruderschaft: „Hermandad del Santo Sepulcro y Nuestra Señora de la Soledad“.

Weitere Informationen:

www.lojaturismo.com
Die Broschüre „El Incensario“, speziell auf die Karwoche in Loja ausgerichtet. Man erhält sie in allen Kiosks für 1,- €.

Wir kamen am Karfreitag gegen 10:00 Uhr morgens in Loja an und stellten uns gleich gegenüber der Kirche „Ermita de Jesús“ auf, um den Auszug der Prozessionen sehen zu können. Kurz vorher hatten wir die Möglichkeit, kurz in die Kapelle zu gehen und im Innern einen ersten Auftritt („golpe“) der Weihrauchträger („Incensarios“) mitzuerleben.

Die wohl charakteristischen und sonderbarsten Figuren der Karwoche in Loja sind die sogenannten „Incensarios“.  Ein incensario ist eigentlich ein Weihrauchgefäß (von „incienso“ = Weihrauch). Hier sind aber nicht die Behälter selbst gemeint, sondern die Träger der Weihrauchgefäße. Sie laufen in Gruppen von 8 Personen, den sogenannten „corrías“ (die Betonung liegt auf dem i) durch die Stadt, ohne den Prozesssionszügen zu folgen und tragen einzeln und alternierend ihre eigenartigen Tänze und Gesänge vor, während sie außerdem ihre Weihrauchfässer bedienen. Diese Auftritte, die an festgelegten Punkten vor Standarten, Leitkreuzen und Heiligenbildnissen abgehalten werden, nennt man „golpes“ (=Schläge oder Streiche). Geführt werden sie vom „señidero“, der entscheidet welche Tänze und Texte vorgetragen werden sollen.

Man sagt, dass sie die 8 römischen Legionäre darstellen, die Christus während seines Leidenswegs begleiteten und die einem göttlichen Wunder beiwohnten, während sie Jesus die Nägel entfernten. Diese Soldaten sollen dadurch bekehrt worden sein.

Mit Sicherheit existierten die „incensarios“ schon viel früher, schriftlich erwähnt werden sie zum ersten Mal im Jahr 1765.

Anfangs gab es drei „corrías“ (Gruppen), nämlich „Los Blancos“ (die Weißen), „Los Negros“ (die Schwarzen) und „Los del Sepulcro“ (sepulcro = Grab, Gruft). Heute hat jede Bruderschaft ihre eigene Gruppe von „incensarios“.

Einige Besonderheiten über sie:

Kleidung:

„Morrión“: Die große spitzförmige Haube, die  mit Satin oder Seide überzogen ist und mit Perlen aus Alabaster geschmückt sind. Sie können bis zu 2 Kg wiegen. Man befestigt sie mit einem Band unter dem Kinn, wobei das Gesicht frei bleibt. Der hintere Teil endet mit einer Schleppe, die ebenfalls verziert wird.

– „Túnica“: Eine Art Soutane aus Samt mit Stehkragen, die bis zu den Oberschenkeln reicht. Auf der Rückseite ist sie etwas länger und Endet in eine Art Schleppe.

„Ceñidor“: Eine Bauchbinde aus Satin oder Seide mit Quasten an den Enden. Sie wird am Rücken mit einem Knoten in Form von Schmetterlingsflügeln festgemacht.

„Pantalón“(=Hose): Eine kurze Hose, die unterm Knie mit einer Quastenschnur festgebunden wird.

„Medias“ (=Strümpfe): Eie sind meistens auch aus Satin.

„Zapatos“ (=Schuhe): Mit großen Schnallen im französischen Stil.

„Golpes“:

Weiter oben haben wir Euch ja schon erklärt, dass das Vortragen der Tänze und Gesänge „golpes“ genannt werden. Je nachdem wem sie gewidmet sind, werden sie unterschieden in:

  • „Trabajoso“: ein Auftritt vor der ersten Standarte der Prozession
  •  Cuadro“: wird zu Ehren des ersten Heiligenbildniss der Prozession vorgeführt.
  • „Cruz, Cuadro y Cerco“: Vorführung nur für die Jesusfigur.
  • „Cruz y Cuarta“: ist der letzten Heiligenfigur der Prozession gewidmet, der Figur der Heiligen Jungfrau.

Am Ende der Tänze werden die Schuhabsätze hart und laut gegeneinander gestoßen und man verbeugt sich nach vorn während man sich mit dem Knie am Boden abstützt.

Eine traditionelle Figur der Karwoche in Loja war „El Tío Puche-Puche“. Er begleitete die Jesusfigur und spielte dabei die Trommel. Ihm zu Ehren gibt es seit über 30 Jahren eine Trommlergruppe, bestehend aus etwa 35 bis 45 Personen genannt „Los Puches“. Sie begleiten ebenfalls die Jesusfigur während der gesamten Prozession. Spektakulär ist ihr Auftritt beim Auszug der Prozession und am Ende, bei der sogenannten „corriilla“. Aber darüber erzählen wir Euch etwas weiter unten.

Nachdem wir wieder draußen waren, gingen wir ins Zentrum der Stadt, konkret an den Platz „Plaza de la Constitución“, wo sich auch das Tourismusbüro befindet. Dort erhielten wir sehr viel Infos, Stadtpläne, Broschüren, etc. Außerdem konnten wir dort die genauen Punkte erfahren, wo die „Incensarios“ ihre „golpes“ haben würden.

Eine andere wichtige Figur, die wir am Ausgang sehen konnten und die die Jesusfigur während der gesamten Prozession begleitet, ist der sogenannte „Armao“. Es handelt sich hier um die andalusische Aussprache des Worts „armado“, was im spanischen der Bewaffnete bedeutet. Gemeint ist damit die Repräsentation eines Soldaten der Prätorianischen Wache des Cäsars, der Jesus begleitete.

Während wir am Platz „Plaza de la Constitución“ warteten, gingen wir in eine gegenüberliegende Konditorei und kauften das typische Gebäck aus dem Ort, dem „rosco de Loja“. Die sahen so lecker aus und wir waren so gierig darauf, dass wir sie gegessen hatten bevor wir ein Bild davon machen konnten. Hi, hi… tut uns sehr leid. Ihr könnt aber im Internet nach ihnen suchen.

Dort hatten wir dann auch Gelegenheit eine weitere typische Figur des Karfreitags in Loja mitzuerleben, dem „Pedior“. Das Wort kommt von spanischen „pedir“ (=bitten, betteln). Es handelt sich hier um Mitglieder der Bruderschaften, die durch den Ort ziehen und Geldspenden einsammeln -viele benutzen dazu eine silberne Schale. Dabei tragen sie ständig eine Art Psalmengesang vor.

Wer ruft Jesus den Nazarener, Sohn der heiligen Maria, denn heute ist Karfreitag

Der Tradition nach ist es eigentlich ein Mitglied der Bruderschaft der Christusfigur „Nuestro Padre Jesús Nazareno“, wir trafen aber auch auf „pediores“ von anderen Bruderschaften.

Von dort gingen wir zum Essen. Es war zwar noch etwas früh, die Bars und Restaurants waren aber schon relativ voll und wir wollten rechtzeitig am Veranstaltungsort des sogenannten „El Encuentro“  ankommen, um einen günstigen Platz bekommen zu können.

Bei dem „El Encuentro“ begegnen sich die Heiligenfigur der Jungfrau „Virgen de las Angustias“ und die Christusfigur „Jesús Nazareno“ an einem ganz bestimmten Ort mitten in der Stadt. Dabei werden die Holzbühnen mit den Heiligenfiguren gegenübergestellt und zur passenden Marschmusik in einem besonderen Rhythmus geschaukelt. Es handelt sich hier um den Höhepunkt der Prozession und wird mit großer Aufregung und Hingabe gefeiert. Diese Begegnung findet an der Straße „Carrera de San Agustín“ statt, in Höhe des Kasinos der Stadt.

Nach dem „encuentro“ gehen die Zuschauer normalerweise in die Altstadt von Loja, dem „Barrio Alto“. Wir beschlossen aber gleich an den Eingang der Jesuskirche zu gehen, um dort einen günstigen Plazt zu erwischen und so gut die berühmte „corriílla“ sehen zu können. Das war auch ganz gut so, denn obwohl wir ca. 2 Stunden vorher dort waren, standen dort schon viele andere Menschen, die sich ebenfalls einen guten Platz schnappen wollten. Dort lernten wir auch Alejandro Romero und Sergio Piñar kennen. Zwei sehr sympathische Jungen, die uns viele interessante Dinge über die Karwoche in Loja erzählten und uns somit die Zeit sehr kurz erscheinen ließen. Wir möchten uns auf diesem Weg noch einmal herzlich bei ihnen bedanken.

Nun zur „Corriílla“: Das Wort kommt vom spanischen Verb „correr“ = rennen. Nachdem die Träger der schweren Heiligenfiguren nach fast 10 Stunden durch die Stadt getragen haben, sammeln sie kurz vor dem Eingang in die Kirche noch einmal ihren letzten Kräfte und rennen -mit den Altären auf den Schultern- die letzten 100 Meter bergauf, um sie dann zum Schluss in das Innere der Kirche zu tragen. Ein wirklich sehenswertes und ergreifendes Erlebnis. Wir ließen uns von der Hingabe der „Lojeños“ (die Einwohner von Loja) anstecken und feuerten die Träger mit an:

¡Valientes, horquilleros!, ¡Valientes! (Auf ihr tapferen Träger!)

Die Träger der schweren Heiligenfiguren heißen in Loja „horquilleros“. Das kommt vom spanischen Wort „horquilla“ und ist eine Gabel im technischen Sinne (z.B. die Fahrradgabel). Tatsächlich führen die Träger eine große Gabel bei sich, mit der die großen Holzbühnen regelmäßig abgestützt werden, wenn man eine kurze Rast macht.

Ein „horquillero“ zu sein ist eine große Ehre und man erzählte uns, dass früher diese Gabeln versteigert wurden und der Meistbietende den Vorzug bekam, die Christusfigur tragen zu dürfen.

Es gibt in der Loja noch weitere wichtige Figuren, die wir zwar nicht selbst sehen konnten, die aber auf jeden erwähnenswert sind und im Folgenden aufgeführt werden:

*“Los niños Seases“: Ein Kinderpaar, das normalerweise am Anfang der Prozession beim Leitkreuz und der Standarte der Bruderschaft lief. Der Name „sease“ stammt aus dem Psalm, den die Kinder die ganze Zeit wiederholten:

„Esto se hace, en memoria de la Pasión, Muerte y Resurrección de Nuestro Señor Jesucristo“ (= Das wird gemacht in Erinnerung an Leid, Tod und Wiederauferstehung unseres Herrn Jesus Christus).

„…se hace…“ wird beim schnellen Vortragen zu „sease“, daher der Name. Im 20. Jahrhundert verschwanden diese Figuren, die Bruderschaft „Hermandad de Nuestro Padre Jesús en la Oración en el Huerto…“ hat sie aber zum Glück wieder eingeführt.

*Los Apóstoles (=die Apostel): Sie sind ebenfalls typische Figuren in der Karwoche von Loja. Sie existieren aktuell nicht, man arbeitet aber daran, sie wieder einzuführen. Zu sehen waren sie am Morgen des Gründonnerstags und am Nachmittag des  Karfreitags. Es handelte sich um 12 Männer mit Tuniken, die ihre Gesichter hinter eine Art Maske aus mehrfarbigem Kupfer verborgen hielten, auf der die Namen der 12 Apostel geschrieben stand. Sie trugen außerdem das Symbol des Martyriums, das derjenige hatte erleiden müssen.

Am Gründonnerstag trugen sie die Waschung vor, ein liturgischer Akt zur Erinnerung an das Evangelium von Johannes in dem beschrieben wird, wie Jesus die Füße seiner Jünger wusch.

Wenn es Euch gefallen hat und wir Euch dazu inspirieren konnten, Loja in der Osterwoche zu besuchen, oder Ihr vielleicht schon dort wart, dann schreibt uns doch ein Kommentar und teilt mit uns Eure Erfahrung.

Nützliche Tips:

  • Bequeme Schuhe anziehen.
  • Rechtzeitig im gewünschten Restaurant reservieren, um essen zu können.
  • Genügend Zeit einplanen und lange vorher schon einen günstigen Platz vor dem Kasino und vor der Kirche „Ermita de Jesús“ einnehmen, um den „Encuentro“ und die „Corriílla“ gut sehen zu können.
  • Respektiert die Traditionen und die Bräuche der Einwohner sowie deren religiöse Hingabe.